In Italien sorgt derzeit zunehmende vulkanische Aktivität in der Region der Phlegräischen Felder (Campi Flegrei) nahe Neapel für erhebliche Unruhe. Vor wenigen Tagen erschütterte ein Erdbeben der Magnitude 4,4 die Region, wobei sich der Erdbebenherd lediglich zwei Kilometer unter der Erdoberfläche befand und somit vergleichsweise starke Schäden verursachte. Im Ort Bagnoli stürzte ein Dachboden ein, wodurch eine Person verletzt wurde und gerettet werden musste. Zudem kam es zu herabfallenden Fassadenteilen und Dachpfannen, die Autos beschädigten.
Ursachen und Entwicklung der aktuellen vulkanischen Aktivität
Die Campi Flegrei bestehen aus einer großen vulkanischen Caldera, die durch den Einsturz einer Magmakammer entstand. Der letzte größere Ausbruch fand vor etwa 40.000 Jahren statt und gilt als einer der vehementesten Europas. Seither gab es keine vollständige Ruhephase des Vulkans, doch die jüngste Entwicklung bereitet Wissenschaftlern besonders große Sorgen. Seit 2006 hebt sich der Boden in der Region kontinuierlich an; in der aktuellen Phase, die nun fast zwanzig Jahre dauert, betrug die Hebung bereits 142 Zentimeter. Besonders alarmierend ist die zuletzt beschleunigte Rate dieser Hebung, welche sich in wenigen Wochen von 1 Zentimeter auf etwa 3 Zentimeter monatlich verdreifachte.
Die Ursache für dieses Phänomen liegt unter der Erdoberfläche verborgen: In einer Tiefe von ungefähr acht Kilometern befindet sich ein magmatischer Hauptspeicher, aus welchem kontinuierlich Gase aufsteigen. Dies erzeugt Druck, der sich nach oben hin auswirkt und zu der beschriebenen Bodenhebung und den seismischen Aktivitäten führt. Die aktuelle Gesamthebung übertrifft die vergangener Episoden erheblich; zudem treten Erdbeben häufiger und stärker auf als etwa bei der letzten Krise in den Jahren 1982 bis 1984.
Einschätzungen von Experten und Maßnahmen der Behörden
Führende Experten wie der Vulkanologe Giuseppe De Natale beurteilen die aktuelle Lage als äußerst ernst. Verglichen mit früheren Phasen ist die Bodenerhebung heute insgesamt rund 40 Zentimeter höher als noch vor vier Jahrzehnten. Gleichzeitig nehmen auch Gasemissionen, vor allem Kohlenstoffdioxid und Schwefelwasserstoff, deutlich zu. De Natale sieht deutliche Parallelen zur schweren Krise Anfang der 1980er-Jahre, allerdings mit noch stärkeren und häufigeren Erdbeben.
Die Behörden haben bereits erste Maßnahmen eingeleitet: Schulen wurden vorübergehend geschlossen und Notfallzentren eingerichtet. Der italienische Zivilschutz stellt derzeit vorsorglich Pavillons auf Sammelplätzen bereit, um im Ernstfall eine schnellere Evakuierung ermöglichen zu können. Teile der einheimischen Bevölkerung fordern sogar eine Erhöhung der Alarmstufe von Gelb auf Orange, was bereits erste Evakuierungen nach sich ziehen würde. Der aktuelle Alarm-Level verbleibt jedoch bislang auf Gelb, was bedeutet, dass der Vulkan über dem normalen Aktivitätsniveau ist, jedoch keine unmittelbare Gefahr für einen Ausbruch gesehen wird.
Langfristige Perspektiven und mögliche Auswirkungen
Langfristig prognostizieren Experten einen weiteren Anstieg der seismischen Aktivität in der Region, wodurch besonders ältere Gebäude zunehmend in ihrer Stabilität beeinträchtigt werden könnten. Die Bausubstanz leidet schon heute unter der kontinuierlichen Belastung durch wiederkehrende Erdbeben. In weiterer Folge könnten Teile von Städten wie Pozzuoli langfristig möglicherweise sogar aufgegeben werden müssen, weil die Bausubstanz schrittweise zerstört wird. Dies könnte unabhängig von einem großen Vulkanausbruch allein durch häufige Erdbeben geschehen.
Im Falle eines tatsächlichen Ausbruchs wären die Folgen für die unmittelbar angrenzende Region fatal. Ein gigantischer Ausbruch mit der Stärke sieben oder acht auf dem Vulkanexplosivitätsindex hätte sogar globale Klimafolgen. Solche großen Ereignisse sind jedoch sehr selten und ereignen sich maximal alle paar zehntausend Jahre. Weitaus wahrscheinlicher ist ein kleinerer Ausbruch, der immer noch starke lokale Auswirkungen hätte. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte im Großraum Neapel wäre auch ein kleinerer Ausbruch verheerend. Wissenschaftler betonen deshalb die überaus große Bedeutung einer umfassenden und permanenten Überwachung sowie angepasster Notfallpläne.
Parallel dazu kam es kürzlich in Süditalien zu einem weiteren, unabhängigen Erdbeben der Stärke 4,8 nahe Foggia an der Adriaküste, wodurch keine größeren Schäden entstanden, jedoch der Zugverkehr vorsorglich temporär eingestellt wurde. Experten zufolge steht dieser Vorfall in keinem Zusammenhang mit der Aktivität der Phlegräischen Felder, sondern wurde durch Spannungen entlang einer tektonischen Störung der Gargano-Halbinsel ausgelöst.
Die zukünftige Entwicklung der jüngsten Ereignisse in den Phlegräischen Feldern bleibt unsicher, wird jedoch als kritisch eingestuft. Experten appellieren eindringlich, die Entwicklung weiter genau zu beobachten und auf mögliche, plötzliche Verschlechterungen vorbereitet zu sein.