Die Bucht von Neapel gilt gemeinhin vor allem wegen des Vulkans Vesuv und seines historischen Ausbruchs im Jahr 79 n. Chr., der die Stadt Pompeji vernichtete, als vulkanologisch gefährliches Terrain. Doch tatsächlich geht von den 30 km entfernten Phlegräischen Feldern eine viel größere Gefahr aus. Bei diesem etwa 100 Quadratkilometer umfassenden Vulkanfeld handelt es sich um einen sogenannten Supervulkan, unter dessen Oberfläche gewaltige Mengen Magma schlummern. Die Phlegräischen Felder weisen dabei nicht einen einzelnen Vulkankegel auf, sondern eine Vielzahl verschiedener Ausbruchstellen und Krater, die im Laufe zahlreicher vulkanischer Aktivitäten entstanden sind und heute das Landschaftsbild bestimmen. Von besonderer Bedeutung ist der Monte Nuovo, ein etwa 130 Meter hoher Krater, der beim letzten großen Ausbruch der Region vor rund 500 Jahren binnen weniger Tage entstanden ist.
Aktuelle Aktivitäten und historische Bedeutung
Im Jahr 2024 sorgte die zunehmende vulkanische Aktivität in dieser Region bei Wissenschaftlern für größere Sorge. In diesem Zeitraum wurden die stärksten Erdbeben seit rund 40 Jahren verzeichnet, was zu Spekulationen über einen möglicherweise bevorstehenden erneuten Ausbruch der Phlegräischen Felder führte. Zwar fanden 2024 insgesamt mehr als 6.500 meist harmlose Erschütterungen statt, jedoch erreichte eines der heftigsten Beben eine Magnitude von 4,4 auf der Richterskala. Die Untersuchungen und Messungen basieren auf der genauen Beobachtung der Bodenbewegungen, Gasemissionen und der Häufigkeit und Art der Erdbeben. Die Erde hebt sich seit Jahrzehnten kontinuierlich an, ein Phänomen, das als Bradisismus bekannt ist, und den Meeresspiegel in den Häfen deutlich abgesenkt hat.
Historisch betrachtet waren die verheerendsten Ausbrüche der Phlegräischen Felder beeindruckend: Vor rund 39.000 Jahren verursachte eine Eruption dieses Supervulkans gewaltige Aschewolken, die bis in die russische Steppe reichten und Südosteuropa mit einer meterdicken Ascheschicht bedeckten. In den Folgejahren kam es zu einem globalen Temperatursturz, der massive Auswirkungen auf Flora und Fauna hatte.
Gefahrenpotenzial und Herausforderungen im Ernstfall
Das Bedrohungsszenario eines erneuten Ausbruchs ist gravierend: Rund 500.000 Menschen leben direkt auf den Phlegräischen Feldern, insgesamt rund 5 Millionen Menschen im Großraum Neapel befinden sich potenziell in der Ausbruchszone des Supervulkans. Der italienische Katastrophenschutz hat bereits detaillierte Evakuierungspläne entwickelt und unterscheidet zwei konkrete Zonen: die rote Zone, welche unmittelbar von Lava und pyroklastischen Strömen gefährdet wäre, sowie die gelbe Zone, die vor allem von heftigem Ascheregen getroffen werden könnte.
Aktuelle Forschungsarbeiten konzentrieren sich deshalb primär darauf, möglichst frühzeitig zu erkennen, wann sich eine Eruption tatsächlich ankündigt. Hierbei werden geologische Sensoren, GPS-Messungen und gaschromatographische Analysen genutzt, um kontinuierlich Veränderungen im Untergrund zu erfassen. Trotzdem gestaltet sich eine eindeutige Vorhersage schwierig: Die vulkanologischen Bedingungen im Untergrund sind komplex, und es existieren divergierende Meinungen zur Vorhersagbarkeit eines möglichen Ausbruchs.
Umgang der Bevölkerung mit der Bedrohung
Die Bevölkerung in und um Neapel lebt seit Jahrhunderten mit der Bedrohung durch vulkanische Aktivitäten. Erdbeben und kleinere Erschütterungen sind daher Teil des Alltags geworden und sorgen nicht ständig für Beunruhigung. Historische Erfahrungen zeigen jedoch, dass zu frühe oder unpräzise Vorhersagen ebenfalls katastrophale Auswirkungen haben können, wie beispielsweise bei der vollständigen Evakuierung des Stadtviertels Rione Terra in Pozzuoli im Jahr 1970. Damals mussten rund 3.000 Menschen von einem Tag auf den anderen ihre Wohnungen verlassen und durften nie wieder zurückkehren – obwohl die befürchtete Katastrophe schließlich ausblieb. Ähnliches geschah 1976 auf der Karibikinsel Guadeloupe, wo 70.000 Menschen unnötig evakuiert wurden, was zu enormen wirtschaftlichen Schäden führte.
Insgesamt bleibt die Situation an den Phlegräischen Feldern äußerst angespannt und stellt sowohl Wissenschaft als auch Katastrophenschutzbehörden vor große Herausforderungen. Trotz stetiger Fortschritte in der Vulkanforschung und verbesserter Überwachungstechnologien bleibt ein erhebliches Restrisiko erhalten. Die Bewohner Neapels und insbesondere der auf den Phlegräischen Feldern gelegenen Gemeinden tragen somit weiterhin das tägliche Risiko eines möglichen verheerenden Vulkanausbruchs.